Im medizinischen Sinn liegt bei einem Menschen eine Sucht vor, wenn mindestens drei der folgenden Kriterien erfüllt sind:
- Starkes Verlangen oder Zwang: Er verspürt den unwiderstehlichen Drang, den Konsum immer wieder zu wiederholen.
- Kontrollverlust: Er kann nicht kontrollieren, wo, wann und wie viel bzw. wie lange er konsumiert.
- Abstinenzunfähigkeit: Er kann nicht mehr auf das Suchtmittel verzichten, selbst wenn der Gebrauch schwere soziale oder gesundheitliche Konsequenzen hat.
- Toleranzbildung: Er braucht immer größere Mengen des Suchtmittels, um den gleichen Effekt zu erzielen.
- Entzugserscheinungen: Er reagiert mit verschiedenen psychischen bzw. körperlichen Beschwerden, wenn das Suchtmittel nicht greifbar ist.
- Sozialer Rückzug: Er verliert zunehmend das Interesse an „normalen“ Beschäftigungen, an Hobbies, am Beruf und an Kontakten zu anderen Menschen.
Ob diese Kriterien erfüllt sind, sollte von Fachleuten beurteilt werden. Auch wenn im medizinischen Sinne keine Sucht vorliegt, kann der Leidensdruck sehr hoch sein. Daher ist es grundsätzlich sinnvoll, sich beim Verdacht auf eine Abhängigkeit oder Problemen im Zusammenhang mit einem Suchtmittel, professionelle Hilfe zu suchen.
Unser Gehirn lernt und arbeitet am besten, wenn es belohnt wird. Bei einem Erfolg erzeugen körpereigene Botenstoffe ein inneres Glücksgefühl. Der Mechanismus ist unabhängig von der Aufgabe immer der gleiche. Beim Heranwachsen ist er überlebenswichtig. Aber auch im Erwachsenenalter spornt er uns immer wieder an, und motiviert uns, nach neuen Zielen zu streben. Denn sobald eine Aufgabe zur Routine geworden ist, lässt auch das damit verbundene Glückgefühl nach.
Suchtmittel greifen in dieses natürliche Belohnungssystem ein und bringen es aus dem Gleichgewicht. Durch ihre chemischen Eigenschaften lösen sie allein durch ihre Einnahme ein inneres Glücksgefühl aus. Meistens wirken sie stärker als die körpereigenen Botenstoffe. Wenn eine Gewöhnung eintritt, neigen die meisten Konsumenten dazu, die Dosis zu erhöhen.
Bei Verhaltenssüchten beeinflussen keine externen Stoffe das Belohnungssystem. Stattdessen führen Glückspiel, Online-Gaming oder Online-Shopping bei einigen Menschen zur Ausschüttung von körpereigen Botenstoffen und dem Zwang, das Verhalten immer wieder ausüben zu müssen. Bei der Entstehung einer Verhaltenssucht spielen viele weitere Faktoren eine Rolle. Aus diesem Grund wird in der medizinischen Diagnose auch zwischen stoffgebundenen Süchten und Verhaltenssüchten im Sinne einer abnormalen Gewohnheit bzw. einer Störung der Impulskontrolle unterschieden.
Ob ein Mensch eine Abhängigkeit entwickelt, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Zum einen spielt das Abhängigkeitspotential des Suchtmittels eine Rolle, zum anderen aber auch Aspekte wie die Verfügbarkeit und die genaue Wirkweise. Auch genetische Faktoren beeinflussen die körperliche Reaktion auf Drogen. Man geht davon aus, dass Menschen, die Suchtmittel körperlich besser verarbeiten können, anfälliger für eine Abhängigkeit sind. Sie haben bereits zu Beginn eine höhere Toleranz und neigen dadurch zu einem höheren Konsum. Eine „Suchtpersönlichkeit“ gibt es laut Studien hingegen nicht. Entscheidend ist eher das Zusammenspiel von individuellen Faktoren und Umwelteinflüssen. Zu den wichtigsten Umweltfaktoren gehören Eltern und Familie. Neben den genetischen Faktoren ist das einer der Gründe dafür, dass Sucherkrankungen in manchen Familien häufiger auftreten als in anderen, und Kinder aus suchtbelasteten Familien selbst besonders anfällig für Suchterkrankungen sind.
Tatsächlich gibt es Eigenschaften und Fähigkeiten, die die Widerstandsfähigkeit gegenüber einer Abhängigkeit erhöhen. Der Fachbegriff hierfür ist Resilienz. Die Resilienz ist in etwas so wie das psychische Immunsystem und hilft Menschen dabei, Krisen proaktiv zu bewältigen. Ein gesundes Selbstwertgefühl und eine positive Einstellung zu sich selbst, gehören zu den Resilienzfaktoren. Aber auch Optimismus, Lösungsorientierung und ein stabiles soziales Netzwerk. Im besten Fall entstehen diese Faktoren durch ein liebevolles, förderndes Elternhaus und positive Lernerfahrungen, die während des Aufwachsens gesammelt werden. Resilienz kann aber auch bewusst gefördert werden. Beim Aufwachsen in der Kita oder Schule durch sogenannte Lebenskompetenzprogramme oder im Erwachsenenalter, indem der Blick auf persönliche Stärken und Fähigkeiten gelenkt wird. In unserer Broschüre Sucht verstehen, vermeiden und überwinden haben wir auf Seite 38 zehn Tipps gesammelt, wie Sie ihre Resilienz im Alltag stärken können.
Eine Abhängigkeitserkrankung ist heilbar. Doch oft ist es schwer, allein einen Ausweg zu finden. Sich Hilfe zu suchen, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern verbessert die Aussichten, von der Sucht loszukommen deutlich. An wen können sich Betroffene wenden?
- Angehörige: Zuzugeben, dass man ein Problem hat, mit dem man allein nicht fertig wird, erfordert Offenheit und Vertrauen. Deshalb können Angehörige und andere Nahestehende der erste und wichtigste Rückhalt für Betroffene sein.
- Professionelle Hilfe: Manchen Menschen fällt es leichter, sich an Anlaufstellen zu wenden, die einen unvoreingenommenen Blick auf die Situation haben. Hausärzte und Suchtberatungsstellen bieten professionelle Hilfe – auch anonym.
- Erfahrungsaustausch: Bereits die Erkenntnis, dass sich andere in derselben Lage befinden, ist hilfreich. In einer Selbsthilfegruppe – vor Ort oder anonym im Internet – finden Betroffene Verständnis, können Erfahrungen austauschen und erhalten Tipps für den eigenen Weg aus der Abhängigkeit.
Der Weg aus einer Sucht ist nicht leicht und gelingt häufig nicht im ersten Anlauf. Auch nach einem Rückfall ist es jederzeit möglich, sich an eine Beratungsstelle oder Selbsthilfegruppe zu wenden. Auch Rückschritte helfen dabei, den richtigen Weg zu finden.
Sie möchten mit dem Rauchen aufhören? Wie wir Sie dabei unterstützen können, erfahren Sie hier.
Wenn Sie ihren Alkoholkonsum reduzieren möchten, haben wir hier weitere Informationen für Sie.
Auch für Angehörige ist eine Suchterkrankung eine extreme Belastung. Eine sogenannte Co-Abhängigkeit lässt auch das Leben von Eltern, Kindern und Partnern aus den Fugen geraten. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen hat in ihrer Broschüre Ein Angebot an alle, die einem nahestehenden Menschen helfen möchten wertvolle Informationen und Tipps für Angehörige zusammengestellt.
Besonders schwer trifft es oft Kinder, deren Eltern unter einer Suchterkrankung leiden. Aber auch für sie gibt es vielfältige Hilfsangebote. Unser Präventionsprogramm 1000 Schätze richtet einen besonderen Fokus auf diese Kinder, Die Selbsthilfeorganisation NACOA macht mit ihrer Online-Beratung ein anonymes und einfach zu erreichendes Unterstützungsangebot.
Die folgenden Organisationen und Anlaufstellen bieten Rat und Unterstützung für Betroffene und Angehörige:
Wir haben Wissenswertes und hilfreiche Tipps für Sie in unserer Broschüre Sucht verstehen, vermeiden und überwinden zusammengefasst.
Außerdem haben wir folgende Angebote für Sie:
- Online-Programm & App zur Unterstützung bei Glücksspielsucht
Zur anonymen Unterstützung bei Glücksspielsucht hat das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf das kostenlose Selbsthilfe-Programm „Neustart“ sowie eine dazugehörige Smartphone-App entwickelt. - NichtraucherHelden Plus-Programm
Wir begleiten Sie auf dem Weg in ein rauchfreies Leben mit dem NichtraucherHelden Plus-Programm.
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