Im Fokus: Endometriose
Wenn die Regel zur Qual wird
Menstruationsbeschwerden gelten als normal. Doch wenn sie zur Qual werden, kann Endometriose dahinterstecken. Dabei wuchern Zellen, die der Gebärmutterschleimhaut ähneln, im Körper. Obwohl sehr viele Frauen in Deutschland davon betroffen sind und ihr Leidensdruck groß ist, bleibt die Endometriose oft jahrelang unerkannt.
Da muss frau durch – sagen sich viele Frauen und beißen die Zähne zusammen, wenn sie während ihrer Monatsblutung krampfartige Schmerzen haben. Doch wenn die Menstruationsschmerzen so stark werden, dass sie damit nicht zur Arbeit gehen oder sie nur mithilfe von Schmerzmitteln ertragen können, sollten sie ihren Frauenarzt bzw. ihre Frauenärztin aufsuchen. Denn hinter ihren Beschwerden kann eine Endometriose stecken.
Der Begriff leitet sich vom lateinischen Wort „Endometrium“ für Gebärmutterschleimhaut und dem Suffix „-osis“ für Erkrankung ab. Bei der Endometriose verirren sich Zellen, die der Gebärmutterschleimhaut ähneln, an den falschen Platz und siedeln sich außerhalb der Gebärmutter an. So können neben Menstruationsschmerzen auch Blutungen oder Schmerzen während des Stuhlgangs oder beim Wasserlassen auf Endometriose hindeuten: nämlich wenn sich Endometriose-Herde am Darm oder der Harnblase gebildet haben. Schmerzen vor und nach dem Geschlechtsverkehr können außerdem Anzeichen für einen Endometriose-Herd in der Scheide, an den Bändern der Gebärmutter oder zwischen Gebärmutter und Darm beziehungsweise zwischen Gebärmutter und Blase sein. Auch in der Brust, der Lunge oder sogar im Gehirn kommen solche Herde vor, allerdings sind diese Fälle extrem selten.
Wie viele Frauen unter Endometriose leiden, ist nicht genau bekannt. In Deutschland geht man von etwa zwei Millionen betroffenen Frauen aus, jährlich kommen 40.000 Neuerkrankungen hinzu. Versichertendaten der KKH zeigen, dass eine Endometriose meist im Alter zwischen 30 und 49 Jahren auftritt. Aber: „Endometriose ist keine Frage des Alters. Bereits bei Jugendlichen können ab der ersten Menstruation Krankheitssymptome auftreten“, sagt Vijitha Snajivkumar vom Kompetenzteam Medizin der KKH Kaufmännische Krankenkasse. Da die Geschlechtshormone das Krankheitsgeschehen beeinflussen, können alle Frauen von der Pubertät bis in die Wechseljahre betroffen sein. Wenn in den Wechseljahren der Spiegel der Geschlechtshormone absinkt, bildet sich die Endometriose oft zurück. Die Beschwerden können dann nachlassen oder sogar ganz verschwinden.
Mit dem weiblichen Zyklus eng verknüpft
In der ersten Hälfte des Menstruationszyklus baut sich die Schleimhaut in der Gebärmutter auf, um ein befruchtetes Ei aufnehmen und ernähren zu können. Bleibt die Befruchtung aus, löst sich die Schleimhaut und blutet ab. Mit den Endometriose-Herden verhält es sich genauso: In der ersten Hälfte des Zyklus wachsen sie heran, dann werden sie abgestoßen. Doch anders als die Schleimhaut in der Gebärmutter kann das Endometriose-Gewebe aus dem Bauchraum nicht abfließen wie eine Regelblutung durch die Scheide. Der Körper muss Gewebe und Blut langsam abbauen. Bei vielen Frauen gelingt das unbemerkt und folgenlos. Bei anderen jedoch verkleben die Gewebereste, entzünden sich oder bilden Zysten; das sind mit Flüssigkeit gefüllte Blasen im Gewebe. Die Folge: starke Unterleibsschmerzen, die im Laufe des Monatszyklus auftreten und am stärksten kurz vor und während der Regelblutung ausfallen. Danach legen sie sich wieder.
Warum Endometriose entsteht, ist nicht geklärt. Es wird beispielsweise vermutet, dass Zellen aus der Gebärmutterschleimhaut in andere Bereiche des Körpers abwandern, weil das Zusammenspiel der Hormone oder das Immunsystem gestört ist – denn eigentlich verhindert die körpereigene Abwehr, dass sich Zellen aus einem Organ anderswo im Körper festsetzen. Eine andere Vermutung ist, dass sich Zellen außerhalb der Gebärmutter in Endometrium-Zellen verwandeln – ebenfalls aus ungeklärten Gründen. Da eine familiäre Häufung der Erkrankung zu beobachten ist, könnten dabei auch genetische Faktoren eine Rolle spielen.
Sechs Jahre bis zur Diagnose
Da die Symptome sehr unspezifisch sind, kann es Jahre dauern, bis die Erkrankung diagnostiziert wird. „Obwohl Endometriose eine der häufigsten gynäkologischen Erkrankungen ist, werden die Beschwerden immer wieder erst einmal als typische Schmerzen während der Menstruation eingeordnet“, erläutert Vijitha Snajivkumar von der KKH. „Im Schnitt vergehen etwa sechs Jahre, bis einer Patientin die Diagnose gestellt wird.“ Manchmal wird eine Endometriose auch erst entdeckt, wenn nach Gründen für ungewollte Kinderlosigkeit geforscht wird – denn viele der Patientinnen haben „stille Endometriose-Herde“, von denen sie nichts spüren. Befinden sie sich an den Fortpflanzungsorganen, können Verklebungen und Verwachsungen dazu führen, dass die Eizelle nicht ungehindert in die Gebärmutter wandern kann. „Zwischen 30 und 50 Prozent der von Endometriose betroffenen Frauen haben Probleme, schwanger zu werden“, sagt Vijitha Snajivkumar.
Bisher keine Heilung in Sicht
Nach einer gründlichen Anamnese und frauenärztlichen Untersuchung erfolgt eine sichere Diagnose oft erst durch eine Bauchspiegelung. Dabei führt der Arzt oder die Ärztin über mehrere kleine Hautschnitte optische Instrumente in den Bauchraum ein und entnimmt Gewebeproben für eine mikroskopische Untersuchung. Häufig entfernt er oder sie dabei die Endometriose-Herde.
Weitere Behandlungsoptionen sind eine Hormontherapie, die den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut verhindert – die Endometriose wird also gewissermaßen stillgelegt –, oder eine medikamentöse Schmerztherapie. Da bislang im Dunkeln liegt, was die Krankheit verursacht, kann sie auch nicht geheilt werden.
Studien deuten darauf hin, dass eine gesunde Ernährung dazu beitragen kann, die Beschwerden bei Endometriose zu lindern. Da der Krankheit eine chronische Entzündung zugrunde liegt, sollte nur wenig Fleisch und Süßigkeiten und stattdessen viel Gemüse und Fisch auf den Teller kommen. Auch körperliche Aktivität kann guttun. Allerdings sollten die betroffenen Frauen ihr Bewegungsprogramm an ihren Symptomen ausrichten. Viele empfinden sanfte Sportarten wie Yoga, Bewegungen in warmem Wasser oder Entspannungsübungen als angenehm.
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