Immer mehr Kinder bringen zu viele Kilos auf die Waage
KKH: Psychische Gesundheit in den Fokus rücken / Corona wirkt als Treiber
Hannover, 03.11.2022
Für immer mehr Kinder scheint es zum Alltag zu gehören, Kalorien zu zählen, gegen überflüssige Kilos zu kämpfen oder auch Hänseleien wegen ihres Körpergewichts zu ertragen. Das lassen zumindest die bundesweit stark zunehmenden Zahlen krankhaft übergewichtiger Kinder und Jugendlicher vermuten, die die KKH Kaufmännische Krankenkasse ermittelt hat. Demnach waren in 2021 bei den 6- bis 18-Jährigen rund 34 Prozent mehr von extremem Übergewicht (Adipositas) betroffen als noch 2011. Bei der Altersgruppe der 15- bis 18-Jährigen liegt das Plus sogar bei fast 43 Prozent. Mehr als 11.500 KKH-Versicherte bis 18 Jahre erhielten die ärztliche Diagnose Adipositas und damit jeder 16. Junge und jedes 18. Mädchen.
„Dieser Trend ist dramatisch, denn im Kindesalter werden die Grundsteine für eine gute Gesundheit im Erwachsenenalter gelegt“, sagt Dr. Aileen Könitz, Ärztin und Expertin für psychiatrische Fragen bei der KKH. Liegt bereits in jungen Jahren extremes Übergewicht vor, drohen früher oder später gesundheitliche Folgen. Dazu zählen Bluthochdruck und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes Typ 2, Fettstoffwechselstörungen oder auch Gelenkverschleiß. Zudem ist die Lebenserwartung verringert. Neben den gesundheitlichen Risiken kann Adipositas bei betroffenen Kindern und Jugendlichen auch erheblich die psychische Balance ins Wanken bringen. „Diskriminierung und Mobbing wegen ihres Körpergewichts gehören für viele von ihnen zum Alltag“, weiß Aileen Könitz. „Ausgrenzung zu erfahren, schwächt nicht nur das Selbstwertgefühl und mindert die Lebensqualität, sondern kann zu psychischen Erkrankungen wie Ängsten oder einer Depression führen.“
Adipositas zählt zu den häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Die Lockdowns während Corona haben dieses Gesundheitsproblem bei jungen Menschen offenbar verschärft, wie die KKH-Daten zeigen. So gab es bei den 6- bis 18-Jährigen allein vom Vor-Corona-Jahr 2019 auf 2021 eine Zunahme der Adipositas-Fälle um rund elf Prozent, bei den 15- bis 18-jährigen Jungen sogar um erschreckende rund 19 Prozent und bei den gleichaltrigen Mädchen um gut 12 Prozent. „Homeschooling mit stundenlangem Sitzen vor dem PC, fehlender Sportunterricht, kaum Treffen mit Freunden, geschlossene Sportstätten – die Pandemie mit all ihren Kontaktbeschränkungen hat das Leben vieler Kinder und Jugendlicher lange Zeit aus dem Lot gebracht und Inaktivität gefördert“, sagt Aileen Könitz. „Das war ein Einfallstor für Ersatzhandlungen, um Frust, Stress und Einsamkeitsgefühle zu kompensieren.“ Manch einem half da der Griff zu Dickmachern wie zuckerhaltigen Softdrinks, Schokolade oder Chips, die durch ihren Fett- bzw. Zuckergehalt für Glücksempfinden sorgen. Andere hockten in ihrer Freizeit über Stunden nahezu bewegungslos chattend und spielend vor dem PC, ohne sich draußen zu bewegen.
Prävention ist kein Zauberwerk
Niemand ist Risiken für Fettsucht wie falscher, fett- und kalorienreicher Ernährung, Bewegungsarmut und übermäßiger Nutzung von Fernsehen, Smartphone & Co. hilflos ausgeliefert. Eine zentrale Rolle bei der Vorbeugung kommt Eltern zu. Sie haben eine Vorbildfunktion in Sachen Gesundheitsbewusstsein für ihre Kinder. Ernähren sie sich ausgewogen, fett- und zuckerarm und bewegen sich viel, tut das meist auch ihr Nachwuchs langfristig. „Kinder machen sich in der Regel nicht bewusst, welche Folgen Übergewicht in zehn, zwanzig Jahren haben kann“, so Expertin Könitz. Ihr Tipp: „Schaffen Sie bei Ihrem Kind ein Bewusstsein für die Risiken von Übergewicht und die persönliche Verantwortung für die eigene Gesundheit. Machen Sie Ihrem Kind klar, wie wichtig eine achtsame Lebensweise ist, um krankhaftes Übergewicht zu vermeiden. Unterstützen Sie es dabei, gesunde Verhaltensweisen zu erlernen und dauerhaft zu praktizieren.“
Sind sich Eltern unsicher, ob das Gewicht ihres Kindes noch okay oder bereits zu hoch ist, fragen Sie ihren Kinder- und Jugendarzt um Rat. Denn entscheidend ist es, mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen. Liegt Adipositas vor, stehen eine Reihe von Hilfsangeboten und Einrichtungen zur Verfügung. Damit der Kampf gegen unliebsame Pfunde erfolgreich ist, kommt es laut Aileen Könitz vor allem darauf an, dass Kinder ihren Lebensstil und ihre Verhaltensweisen aktiv ändern wollen, motiviert mitarbeiten und bei all dem psychisch gestärkt werden. „Das verlangt Kindern wie Eltern viel Kraft, Geduld und Durchhaltevermögen ab, sollte aber beflügelt werden durch die Aussicht auf ein langes, gesundes Leben inmitten der Gesellschaft.“
KKH-Bewegungsprogramme für Familien, Kitas und Grundschulen:
Die KKH hat anonymisierte Daten ihrer Versicherten zwischen sechs und 18 Jahren mit der Diagnose E66 nach ICD-10 von 2011 und 2021 sowie von 2019 auf 2021 erhoben. Im Jahr 2021 waren im Schnitt 6,0 Prozent der Kinder und Jugendlichen betroffen. 2011 waren es noch 4,5 Prozent. Der Anteil in den verschiedenen Altersgruppen lag 2021 bei den 6- bis 10-Jährigen bei 4,9 Prozent, bei den 11- bis 14-Jährigen bei 6,9 Prozent und bei den 15- bis 18-Jährigen bei 6,3 Prozent. Die KKH Kaufmännische Krankenkasse ist eine der größten bundesweiten gesetzlichen Krankenkassen mit rund 1,6 Millionen Versicherten. Nähere Informationen erhalten Sie unter kkh.de/presse/portraet.
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