Immer mehr stark Übergewichtige zwischen Nordsee und Alpen
KKH-Expertin: Teufelskreis aus Scham und Schönheitsideal überwindbar
Hannover, 11.01.2024
Sie ist wieder da: die Zeit der guten Vorsätze, die manch einer für das neue Jahr gefasst hat. Zu den Klassikern zählt der Wunsch, sein Gewicht zu reduzieren. Doch bei immer mehr Menschen in Deutschland reichen ein paar Pfunde nicht aus. Das zeigt eine Datenerhebung der KKH Kaufmännische Krankenkasse. Demnach wurde bei fast jeder/jedem Neunten Adipositas diagnostiziert, darunter bei mehr Frauen als Männern. Insgesamt hat sich der Anteil der von Adipositas Betroffenen von 2012 auf 2022 um rund 30 Prozent erhöht (plus 41 Prozent bei Männern zu plus 26 Prozent bei Frauen). Die höchsten Zunahmen entfallen im Ländervergleich auf Mecklenburg-Vorpommern (plus gut 50 Prozent), gefolgt von Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt (plus rund 40 bzw. 38 Prozent). Die niedrigsten Steigerungsraten verbuchen Baden-Württemberg mit rund 21 Prozent sowie Sachsen und Hessen mit jeweils rund 24 Prozent.
Bei Adipositas, auch Fettleibigkeit genannt, handelt es sich um eine Ernährungs- und Stoffwechselerkrankung, bei der das Übergewicht über das von Experten definierte Normalmaß hinausgeht. Betroffene Erwachsene haben einen Body-Mass-Index von 30 und mehr. „Viele denken bei den Ursachen für Übergewicht lediglich an ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel“, sagt Dr. Sonja Hermeneit, Ärztin bei der KKH. Dabei gibt es eine Reihe weiterer Faktoren, die das Gewicht beeinflussen und zu Adipositas führen können. „Dazu zählen Schlafstörungen, Stress, psychische Belastungen oder Erkrankungen, Schichtarbeit, die Einnahme bestimmter Medikamente wie Antidepressiva und Cortison, aus dem Takt geratene Hormone, Stoffwechselerkrankungen oder auch genetische Faktoren.“ Adipositas zieht sich durch alle Altersklassen. Wichtig zu wissen: Das Körpergewicht beeinflusst das Risiko für ernstzunehmende Folgeerkrankungen, allen voran für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Brust-, Darm- und andere Krebsarten, Diabetes Typ 2 sowie chronische Atemwerkserkrankungen. Nicht zuletzt kann Fettleibigkeit die Lebensqualität mindern, die körperliche Belastbarkeit reduzieren, zu gesellschaftlicher Ausgrenzung, Einsamkeit und Ängsten führen, und sie kann die Lebenserwartung senken.
„Betroffene sind sich der gesundheitlichen Risiken meist sehr bewusst und wollen etwas dagegen unternehmen“, weiß Ärztin Hermeneit. „Doch ob im Fitness-Studio oder in der Arztpraxis, noch immer haben sie vielerorts mit Vorurteilen zu kämpfen: dick, faul, selbst schuld.“ Wissenschaftlich sind solche Vorurteile und Annahmen wie ‚eine einfache Änderung des Lebensstils reiche aus‘ längst überholt. Doch im privaten wie beruflichen Alltag werden Betroffene oft noch immer diskriminiert und ziehen sich deshalb zurück. „Es ist ein Teufelskreis“, so Sonja Hermeneit. Ihr Appell: „Niemand sollte versuchen, dem herrschenden Schönheitsideal zu entsprechen. Hungerkuren belasten den Stoffwechsel und bringen keine dauerhafte Wirkung.“ Adipositas ist eine Erkrankung, die viele Ursachen haben kann. Ratsam ist deshalb zunächst eine Abklärung bei Hausarzt oder Hausärztin. Bestehen aufgrund des Gewichts gesundheitliche Risiken, kann dann individuell gemeinsam festgelegt werden, ob und welche Gewichtsabnahme in welchem Zeitraum medizinisch sinnvoll ist und welche Hilfsmittel dafür genutzt werden können. Die KKH unterstützt Versicherte bei der Behandlung, fördert beispielsweise eine nachhaltige Umstellung auf eine ausgewogene und vollwertige Ernährungsweise, regelmäßige sportliche Aktivitäten, Verhaltenstherapie und damit die körperliche wie seelische Gesundheit.
Hinweis für die Redaktionen: Meldungen für einzelne Bundesländer erhalten Sie auf Anfrage an presse@kkh.de. Eine Grafik mit allen Ländern im Vergleich finden Sie weiter unten.
Erläuterungen zur Datenanalyse:
Die KKH Kaufmännische Krankenkasse hat bundesweit Daten zur Häufigkeit von Adipositas (E 66 nach ICD-10) für die Jahre 2012 und 2022 ausgewertet. Rund 188.000 Versicherte erhielten 2022 bundesweit die Diagnose Fettleibigkeit (darunter rund 117.000 Frauen und rund 71.000 Männer). Damit stieg der Anteil von 2012 auf 2022 bundesweit insgesamt von 8,6 auf 11,2 Prozent, bei den Frauen von 9,9 auf 12,5 Prozent und bei den Männern von 6,8 auf 9,6 Prozent. Laut Deutscher Adipositas Gesellschaft leiden schätzungsweise 16 Millionen Menschen hierzulande unter der Erkrankung. Mit rund 1,6 Millionen Versicherten, einem Haushaltsvolumen von über sieben Milliarden Euro und rund 4.000 Mitarbeitenden zählt die KKH Kaufmännische Krankenkasse als eine der größten bundesweiten Krankenkassen zu den leistungsstarken Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung. Nähere Informationen erhalten Sie unter kkh.de/presse/portraet.
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