Gestärktes Immunsystem Teil 2
So wirken Eisbaden, Detox und Co.
Schlafen, gesund ernähren, wenig Stress. Und das alles möglichst regelmäßig. Die Basics für ein gesundes Immunsystem haben wir im September-Text zu den Immun-Routinen beschrieben. Doch beim Thema gestärktes Immunsystem geht noch mehr! Daher blicken wir jetzt auf Maßnahmen für Fortgeschrittene. Was bringen Trendthemen wie Eisbaden, hippe Drip Bars, Detox und der Klassiker Sauna? Was wirkt wirklich? Und wo hilft nur der Placebo-Effekt?
Ab ins Eis: Eisbaden liegt im Trend, ist aber nicht ungefährlich
Spontan ins eiskalte Wasser springen und keine Erkältungen mehr bekommen – so einfach ist es nicht. Und das wäre aus gesundheitlicher Sicht auch keine schlaue Idee. Unvorbereitetes Eisbaden birgt Gefahren. Bevor wir dazu kommen, aber ein kurzer Wissenschaftscheck. Bislang gibt es keine gesicherten Belege, dass Eisbaden tatsächlich das Immunsystem stärkt. Allerdings vermuten viele Forschende, dass Eisbaden positive Effekte für die Gesundheit haben kann. Ob regelmäßiges Kaltwasserbaden allerdings die Immunantwort des Körpers verbessern kann oder die Zahl der weißen Blutkörperchen und anderer Zellen erhöht, die an der Krankheitsabwehr beteiligt sind, wird noch erforscht.
Sicher ist: Eisbaden ist für den Körper eine hohe Belastung – und versetzt ihn in eine Stresssituation. Für Menschen mit Herz-Kreislauf- oder anderen Vorerkrankungen ist es nicht geeignet. Daher sollte vor dem ersten Eisbad in jedem Fall eine sportmedizinische Untersuchung stehen. Fällt diese positiv aus, können die Vorbereitungen beginnen. Ein guter Start sind Kälteduschen, deren Dauer wöchentlich stetig steigt – beispielsweise von täglich 15 Sekunden, auf 30 Sekunden bis hin zu einer Minute. Dadurch kann sich der Körper an die Kälte gewöhnen. Sind kalte Duschen keine Herausforderung mehr, könnte die nächste Vorbereitungsstufe ein eiskaltes Wannenbad sein.
Wer sich nach der häuslichen Vorbereitung tatsächlich in kalte Gewässer wagt, sollte ein paar Dinge beachten: Niemals alleine eisbaden, mindestens zu zweit. Den Kopf nicht untertauchen und am besten eine Mütze tragen. Und nicht zu lange im Wasser bleiben. Empfohlen werden je nach Wassertemperatur nicht mehr als zwei Minuten. Zudem unbedingt eine Unterkühlung vermeiden. Sinkt die Körperkerntemperatur zu stark, drohen ernsthafte gesundheitliche Folgen. So können bereits bei einer Körperkerntemperatur von 33 Grad wichtige Körperfunktionen ausfallen, die Bewusstlosigkeit droht. Um solche lebensbedrohlichen Zustände zu vermeiden, sollte das Eisbad rechtzeitig beendet werden. Ebenfalls wichtig: Sich nach dem Bad schnell wieder aufwärmen. Daher unbedingt Bademantel, Handtuch und wärmende Kleidung am Ufer bereitlegen.
Was bringt Eisbaden?
Der positive Effekt, der dem Eisbaden nachgesagt wird, hängt in erster Linie mit dem Kälte-Stress zusammen, dem wir unserem Körper gezielt aussetzen. Dieser wirkt auf verschiedene Weise – etwa auf unser Immunsystem oder Kreislaufsystem. Ein Beispiel: Kaltes Wasser sorgt dafür, dass sich unser Blut in den Körperkern zurückzieht, als Gegenreaktion wird anschließend unsere Haut stärker durchblutet – und damit auch unsere Schleimhäute. Die Immunzellen könnten somit Krankheitskeime besser abwehren. Weitere positive Zusammenhänge zwischen Kälte und einem starken Immunsystem werden derzeit erforscht. Vermutet wird z. B. dass regelmäßiges Eisbaden zu weniger Atemwegsinfektionen führen könnte, da es den Körper abhärtet. Einen berühmten Kälteexperten dürfte der Eisbaden-Trend ganz sicher nicht überraschen: den Pfarrer Sebastian Kneipp. Bereits vor mehr als 130 Jahren hat er die heilende Wirkung von Anwendungen mit kaltem Wasser beschrieben.
Drip Bars – hochpreisige Wellness-Infusionen mit Risikofaktor
Das Angebot klingt vielversprechend: Einfach eine „Drip Bar“ besuchen, dort eine Infusion mit hochdosierten Vitaminen legen lassen – und dadurch das Immunsystem stärken. Oder vielleicht lieber eine Infusion, um den Kater der vergangenen Nacht zu bekämpfen und danach eine für den strahlenden Teint? Der Wellness-Trend der Drip-Bars hat längst deutsche Großstädte erreicht. Doch wie sinnvoll sind hochdosierte Vitamin- und Nährstoffcocktails, die intravenös verabreicht werden? Aus medizinischer Sicht fällt das Urteil eindeutig aus: Die meist hochpreisigen Behandlungen haben keinen nachgewiesenen Nutzen. Wer keinen Nährstoffmangel habe, profitiert nicht von den Infusionen. Im besten Fall sind sie wirkungslos. Sie bergen jedoch auch zahlreiche Risiken – etwa für Menschen mit Vorerkrankungen. Auch die Form der Verabreichung stößt auf Kritik: Wie bei allen Infusionen besteht das Risiko für eine Infektion an der Einstichstelle. Auch allergische Reaktionen oder Kreislaufprobleme können die Folge sein.
Was bringen Drip Bars?
Ein möglicher Effekt von Vitamin-Infusionen für das Immunsystem ist wissenschaftlich nicht belegbar. Gesundheitsexpertinnen und -experten empfehlen, sich unbedingt vor der Verabreichung medizinisch beraten zu lassen. Ob Symptome wie Abgeschlagenheit oder Müdigkeit tatsächlich auf einen Nährstoffmangel zurückzuführen sind, könne sicher nur die Untersuchung bei der Hausärztin oder dem Hausarzt klären. Für die meisten Menschen gilt: Die für ein gesundes Immunsystem benötigten Mineralstoffe und notwendigen Vitamine erhalten sie durch eine ausgewogene Ernährung – mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten. Wer tatsächlich einen positiven Effekt der Wellness-Infusionen finden möchte, muss sich auf den Placebo-Effekt verlassen. Und dem eigenen Gefühl vertrauen, eine Infusion zur Immunsystemstärkung zu erhalten – auch ohne wissenschaftlichen Beleg.
Fasten und Detox: Weniger isst mehr – auch für das Immunsystem?
Die Idee ist klar: Weniger Essen – und damit den Körper reinigen und entgiften. Die populärste Form ist das Intervallfasten, das auch intermittierende Fasten genannt wird. Hierbei entscheidet man sich, nur in bestimmten Phasen zu essen und in anderen bewusst darauf zu verzichten. Häufiges Ziel: Die Gewichtsreduktion. Ein populäres Beispiel ist die 16:8-Methode, bei der die Nahrungsaufnahme täglich innerhalb von acht Stunden erfolgt. 16 Stunden wird anschließend nichts gegessen. Viele versuchen diese Vorgabe einzuhalten, indem sie beispielsweise auf Frühstück oder Abendbrot ganz verzichten.
Es gibt Hinweise darauf, dass sich das Fasten aus gesundheitlicher Sicht lohnen könnte – und beispielsweise chronische Erkrankungen verbessern kann. In Zeiten ohne Nahrungsaufnahme wirke – so die Theorie – die sogenannte Autophagie, also die Zellreinigung und -erneuerung. Dadurch würden beschädigte und ältere Zellen abgebaut. Positive Effekte zeigen sich beispielsweise mit Blick auf den Blutdruck, Ruhepuls, Cholesterin-Werte oder Blutzucker. Bislang wurden diese Effekte wissenschaftlich allerdings meist in Tierversuchen belegt, die sich nicht einfach auf den Menschen übertragen lassen.
Was bringt Fasten?
Mit Blick auf das Immunsystem ist die Fasten-Faktenlage nicht eindeutig. Einige Studien belegen einen positiven Effekt, beispielsweise durch eine verbesserte Immunfunktion. Andere Untersuchungen stellen durch das Fasten ein geschwächtes Immunsystem fest. Bislang fehlen in diesem Bereich Langzeitstudien, die die Zusammenhänge zweifelsfrei bestätigen. Vielleicht wirkt Fasten mit Blick auf das Immunsystem auch eher indirekter. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) geht davon aus, dass sich Menschen nach ihren freiwilligen Fastenkuren bewusster und damit gesünder ernähren. Dies wirkt sich natürlich auch auf das Immunsystem aus, das dadurch wirkungsvoller funktioniert. Abzuraten ist hingegen von sogenannten „Detox-Produkten“, die damit werben, Leber, Niere und Darm zu reinigen – und dadurch beispielsweise zu einer Stärkung des Immunsystems beizutragen. Für diese Behauptungen gibt es laut Verbraucherzentrale keine wissenschaftlichen Belege.
Ab ins Heiß: Der Klassiker Sauna wirkt nachweislich
Der Gang in die Sauna kann einen positiven Effekt auf das Immunsystem haben. Die Hitze weitet die Blutgefäße und sorgt für eine bessere Durchblutung. Das gilt auch für die Schleimhäute. Das Einatmen der heißen Luft regt die Schleimhäute der Atemwege an, mehr Abwehrstoffe zu bilden – und damit wirkungsvoller Krankheitserreger abzuwehren. Hinzu kommt ein weiterer positiver Effekt. Beim Abkühlen mit kaltem Wasser nach dem Saunagang folgt auf die Hitze der Kälteimpuls. Diese Temperaturwechsel trainieren das sogenannte vegetative Nervensystem. Es bildet die Basis für zahlreiche Immunantworten unseres Körpers. Ebenfalls positiv wirken könnte die einsetzende Entspannung. Denn Stress unterdrückt nachweislich die natürliche Immunreaktion unseres Körpers. Sind wir hingegen entspannt, arbeitet unser Immunsystem deutlich leistungsfähiger.
Was bringt regelmäßiges Saunieren?
Zahlreiche Studien belegen die positive Wirkung des Schwitzens auf das Immunsystem und das Herz-Kreislaufsystem. Schon 1990 zeigte eine Untersuchung, dass Saunieren die Wahrscheinlichkeit reduzieren kann, an einer Erkältung zu erkranken. Auch die Schwere grippaler Effekte könne sich nachweislich verringern. Diese positiven Effekte setzen nach mehreren Monaten und regelmäßigen Saunagängen ein. Ein weiterer Effekt ist gerade für die kalte Jahreszeit relevant. Durch den Gang in die Sauna „lernt“ unser Körper, starke Temperaturunterschiede besser zu verkraften. Ein nützliches Training, das sich im Winter beim Wechsel von beheizter Wohnungsluft zu kalten Wintertemperaturen auszahlen kann.
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