

Glücklich einsam oder gemeinsam:
Hauptsache nicht allein!
Beziehung jetzt! So schrillt es uns zum Jahresstart von den Werbebannern der Dating-Plattformen entgegen. Die Botschaft ist klar: Nur gemeinsam mit Partnerin oder Partner lässt sich 2025 glücklich verbringen. Aber braucht es wirklich eine Beziehung, um zufrieden zu sein? Oder können wir auch als Singles erfüllt und glücklich leben?
Warum jetzt, warum überhaupt?
Das Geschäft mit der Beziehungssehnsucht ist lukrativ – gerade für Dating-Plattformen. Gerade zum Jahresbeginn, wo Veränderungsbereitschaft, ambitionierte Vorsätze und Neustart bei vielen Menschen Hochkonjunktur haben. Eine ideale Zeit also, um den eigenen Beziehungsstatus zu hinterfragen.
Partnerschaftlich, platonisch, piepegal
Dabei greift die Beziehungsfrage zu kurz. Denn egal ob Single oder in einer Beziehung – zufrieden kann beides machen. Einsam auch. Im Kern geht es vielmehr um die Frage: Was brauchen wir, um in unserem Leben glücklich zu sein? Für viele lautet die kurze Antwort: Menschen, die uns nahe sind. Uns in schwierigen Situationen beistehen. Freundinnen und Freunde, die uns verstehen. Eben intensive Beziehungen – egal in welcher Form.
Gefühl der Einsamkeit hat sich verstärkt
Dabei hat der drängende Wunsch nach Gemeinschaft seinen Ursprung auch darin, wie wir heute leben. Nämlich zunehmend vereinzelt. Psychologinnen und Psychologen gehen davon aus, dass sich das Gefühl der Einsamkeit in den vergangenen Jahrzehnten verstärkt hat – weltweit und auch in Deutschland. Dabei ist Einsamkeit letztlich altersunabhängig. Dass sich vor allem jüngere Menschen nach mehr Kontakten sehnen, ergab beispielsweise das Einsamkeitsbarometer der Bundesregierung. Laut der Untersuchung gibt es aber auch bei den 30- bis 50-Jährigen und den 51- bis 75-Jährigen seit 2021 eine signifikant höhere Einsamkeitsbelastung, verglichen mit vergangenen Jahren.
Einsamkeit
Der Begriff Einsamkeit steht für den Zustand, dass man weniger Kontakte hat, als man sich wünscht. Betroffene fühlen sich dann meist einsam. Forschende konzentrieren sich häufig auf die Zahl und die Qualität der sozialen Interaktionen, um das Phänomen der Einsamkeit zu untersuchen.
Die unterstellte Einsamkeit der Singles
Beim Thema Einsamkeit landet man eigentümlicher Weise schnell bei der Gruppe der Singles – geschätzt leben mehr als 20 Millionen in Deutschland. Nur sagt der Begriff Single natürlich nichts darüber aus, ob sich Personen einsam fühlen. Es ist eine unbelegte und übergriffige Unterstellung, zum Glücklichsein gehöre zwangsläufig eine feste Partnerschaft. Single und einsam wird häufig gleichgesetzt – ist aber falsch. Viele Singles genießen die Freiheit, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten. Zeit für sich zu haben. Studien belegen, dass viele Singles glücklich sind mit ihrem Leben als Alleinstehende.
Beziehungen als alleiniger Seligmacher?
Und sind Personen in Partnerschaften wirklich dauerhaft glücklicher? Diese Behauptung ist zumindest wissenschaftlich umstritten. Ein Grund: Viele Studien sind Momentaufnahmen, vergleichen beispielsweise frisch verheiratete Menschen mit Unverheirateten und leiten dann davon ab, dass Menschen in Partnerschaften glücklicher seien als Singles. Unberücksichtigt bleibt dabei, dass rund jede dritte Ehe irgendwann geschieden wird. Ein großer Anteil der Geschiedenen ist durchschnittlich unzufriedener als Singles. Eine Übersichtsstudie, die 18 Langzeituntersuchungen auswertete, kam zu dem Ergebnis: Über den gesamten Lebensweg betrachtet – vom Singlesein über eine mögliche Hochzeit oder Scheidung – sind Menschen verglichen mit ihrem „Single-Ich“ nicht dauerhaft glücklicher, wenn sie in einer Beziehung leben. Dazu noch ein Umfrageergebnis: Nur rund die Hälfte der Paare in Deutschland sind rundum glücklich.
Beziehungen als Quelle des Glücks
Glückliche Paare, unglückliche Singles? Vielleicht ist es an der Zeit, sich von dieser Schwarz-weiß-Sicht zu verabschieden. Denn immer häufiger kommen Forschende zu der Erkenntnis: Beziehungen generell sind die Quelle des Glücks. Studien zeigen, dass intensive Freundschaften ähnlich auf die Zufriedenheit wirken wie langjährige Partnerschaften, die stabil und glücklich sind. Individuelle Lebens- und Beziehungsentwürfe – warum nicht?
Einsamkeit kann krank machen
Doch die Forschung zeigt auch: Keine Kontakte sind auch keine Lösung. Die meisten Menschen brauchen als soziale Wesen warme Beziehungen für ihr Wohlbefinden. Einsamkeit macht unglücklich – und kann sogar gravierende gesundheitliche Folgen haben. Es gibt Studien, die vermuten, dass Einsamkeit so ungesund sei, wie Übergewicht oder eine halbe Packung Zigaretten pro Tag. Dahinter steht die Erkenntnis, dass durch das Gefühl, „zu“ alleine zu sein, Stress entstehen kann. Bei einsamen Menschen ist der Spiegel des Stresshormons Cortisol im Blut dauerhaft erhöht. Das Risiko für zahlreiche Krankheiten kann somit zunehmen. Umgekehrt können soziale Interaktionen dazu beitragen, das Herz und das Immunsystem zu stärken. Hinzu kommen zahlreiche belegte Begleiterscheinungen von Einsamkeit wie ungesündere Ernährung, Schlafstörungen oder psychischen Erkrankungen.
Wie nun aber der Einsamkeit wirksam begegnen?
Ein Allheilmittel gegen Einsamkeit gibt es nicht. Weder Beziehungen noch erfülltes Singleleben können das glaubhaft versprechen – oder davor bewahren, sich allein zu fühlen. Doch was dann? Auch auf Seiten der Politik rückt Einsamkeit als gesellschaftliches Thema zunehmend in den Fokus. In Berlin nahm im vergangenen Jahr Deutschlands erste Einsamkeitsbeauftragte ihre Arbeit auf. In Großstädten organisieren Apps auf Wunsch Abendessen mit Fremden – vermitteln neue soziale Kontakte gegen die „Big-city loneliness“.
Künstliche Intelligenz bietet als Option an, sich virtuelle Freunde als sogenannte „AI Companions“ zu erschaffen.
Doch funktioniert KI wirklich als Ersatz echter sozialer Kontakte? Wahrscheinlich bleibt die einfachste Antwort auf die Frage, wie wir Einsamkeit wirksam begegnen können, auch die schwierigste. Wir müssen Beziehungen bewusst pflegen – egal ob in Partner- oder Freundschaften. Und gerade in Zeiten, wo vieles andere wichtiger zu sein scheint. Der beste Schutz vor Einsamkeit bleibt: Sich trotz aller Verpflichtungen Zeit für soziale Kontakte freizuräumen – und auf andere Menschen in unserem Umfeld zu achten. Ein kurzer Anruf oder Besuch kann Wunder wirken, um direkt gemeinsam weniger einsam zu sein.
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