J-Untersuchungen: von Pubertät und Prävention

J1: Um das 9. Lebensjahr beginnt die Pubertät bei Mädchen, erst um das 11. bei Jungen. Pubertät bei Kindern und Jugendlichen – eine Herausforderung für uns Eltern? Definitiv, aber auch unsere Kinder stehen vor ihren ganz eigenen Herausforderungen und Problemen in dieser Phase der Selbstfindung, die durch Schulstress und private Gedanken jeglicher Natur geprägt ist. Umso wichtiger ist es, gemeinsam Gespräche zu führen und die Möglichkeiten der Gesundheitsvorsorge wahrzunehmen.

In der J1 werden die pubertären Entwicklungsstadien, der Zustand der Organe, das Skelettsystem ebenso wie Sinnesfunktionen ärztlich untersucht. Auch eventuelle Hautprobleme und Essstörungen wie Magersucht oder Übergewicht können Themen sein. Sexualität und Verhütung, Drogenmissbrauch und Rauchen können vom Arzt oder der Ärztin, aber auch von Ihrem Kind selbst oder Ihnen angesprochen werden.

Zudem bietet die J1 Raum, um über Probleme in der Familie zu sprechen, die sich belastend auf Ihr Kind oder Sie als Eltern auswirken. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, im Alter von acht Jahren war meiner Tochter plötzlich alles peinlich – vorzugsweise ich. Das kann ich mit einem Augenzwinkern gestehen, ohne den Ernst der Lage zu verkennen und die Tatsache, dass sie es nun mal so empfunden hat. Und ich kann sagen, es war eine Phase, die andauerte.

Entfremdet haben wir uns in dieser Zeit glücklicherweise nicht – auch weil wir immer miteinander gesprochen haben. Natürlich hat sie mir nicht alles erzählt. Aber erinnern wir uns mal zurück: Haben wir unseren Eltern alles erzählt? Ich nicht. Ein Signal zu setzen, dass man da ist, wenn man als Eltern gebraucht wird, am Leben und an den Problemen im Alltag unserer Kinder teilnehmen zu wollen, egal wie groß oder klein sie sind, hilft, um sich nah zu bleiben. Dazu gehört bei den J-Untersuchungen auch, dem Wunsch des Kindes nachzukommen, nicht im Raum zu sein.   

„Das ist mein Leben.“

J2 : Diese Jugenduntersuchung kann im Alter von 16 bis 17 Jahren in Anspruch genommen. Es wird ärztlich überprüft, ob Krankheiten vorliegen, die eine körperliche, geistige und soziale Entwicklung gefährden könnten. Auch die Früherkennung psychischer und psychosozialer Risikofaktoren für eine eventuelle Fehlentwicklung in der Pubertät sind Themen bei dieser Vorsorgeuntersuchung. Vor was für Herausforderungen meine Tochter und ich in dieser Zeit standen? Ein Satz, der sich anfühlte als wurde er in Dauerschleife gespielt, begleitete uns: „Das ist mein Leben.“ Mein Kleiderschrank wurde interessant, ebenso wie Abende, die sie allein mit ihrem Freundeskreis verbringen wollte, auch Alkohol war ein Thema, ebenso wie ihr Aussehen und körperliche Veränderungen.

Sexuelle Aufklärung und Orientierung waren schon früh ein Thema, die unter anderem auch auf den Aktionismus der Kita-Erzieherinnen unserer Tochter beim Thema Aufklärung zurückzuführen waren. Die Erinnerung an den Moment als wir begriffen haben, wie aufgeklärt sie schon ist, führt bei mir immer noch zu einem Lachkrampf. Hauptsächlich wegen der Reaktion meines Mannes, der beim Abendessen geschockt prustend und hustend den Tisch verlassen musste, weil er erkennen musste, dass sein kleines Mädchen eben dies nicht mehr war. Eine Wahrnehmung mit der er wohl noch lange zu kämpfen hat, wie so viele Väter.

Denn mit dem Loslassen ist das so eine Sache. Das Bewusstsein dafür ist da, aber mit der Umsetzung hapert es bei uns Eltern mitunter. Eine der schönsten Erfahrungen war für mich, dass meine Tochter uns vertraut hat. Dinge anzusprechen und zu wissen, dass sich unsere Begeisterung in Grenzen halten würde, hat sie nicht daran gehindert uns teilhaben zu lassen. Dass sie Vertrauen ins uns hat, wissen wir bis heute sehr zu schätzen.

Es klingt abgedroschen, aber es stimmt: Eltern und Kinder wachsen nur gemeinsam. Individuelle Bedürfnisse nehmen genau wie das Alter zu, führen zu Diskussionen und Missverständnisse sind vorprogrammiert. Manche Tage sind emotional schwierig, andere fühlen sich toll an, man ist sich nah und es scheint als hätte sich nichts verändert. Aber gestehen wir es uns ein: alles verändert sich und das ist auch gut so. Vertrauen, Liebe, Verbundenheit, Rücksichtnahme und gegenseitiger Respekt wachsen mit und prägen auch die Zeit als Familie, wenn unsere Kinder schon längst ihr eigenes Leben führen.