Redaktion: Wie beeinflusst der Stress der Eltern das Stressempfinden der Kinder?
Dr. Galland: Stress ist ansteckend. Eltern, die selbst dauerhaft unter Stress stehen, beeinflussen ihre Kinder, sei es durch die direkte Stimmung oder als Vorbild. Wenn Eltern Stress als etwas Alltägliches bewältigen und zeigen, wie sie sich regulieren, können Kinder das lernen. Es ist wichtig, Stress nicht zu verteufeln – er gehört zum Leben dazu und kann auch positive Effekte haben, wie die Aktivierung vor einer Prüfung.
Redaktion: Was raten Sie Eltern, wenn sie merken, dass ihr Kind unter psychosomatischen Beschwerden leidet?
Dr. Galland: Zunächst sollten Eltern alle körperlichen Ursachen ärztlich abklären lassen. Wenn psychosomatischer Stress vermutet wird, ist es wichtig, das Kind nicht aus der Verantwortung zu nehmen, indem man ihm zum Beispiel bei Schulangst einfach erlaubt, komplett zu Hause zu bleiben. Stattdessen sollten Eltern das Grundproblem angehen – etwa soziale Ängste – und gleichzeitig darauf achten, dass das Kind weiterhin seine Pflichten erfüllt. Professionelle Unterstützung durch Therapeut:innen kann hier enorm helfen.
Redaktion: Gibt es genetische Faktoren, die psychosomatische Beschwerden begünstigen?
Dr. Galland: Es gibt keine klaren genetischen Marker für psychosomatische Beschwerden, aber Kinder von Eltern, die selbst dazu neigen, sind häufiger betroffen. Das kann genetisch sein, aber auch durch das Lernen am Modell: Kinder übernehmen oft die Verhaltensweisen ihrer Eltern.
Redaktion: Vielen Dank, Herr Dr. Galland, für diese wertvollen Einblicke!
Dr. Galland: Gerne. Psychosomatik ist ein wichtiges Thema, das mehr Aufmerksamkeit verdient.